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Die Anke Feierabend-Methode (AFM)

Ein Licht im Meer des Vergessens

Unmögliches möglich machen
- von Herzen und aus tiefer Menschlichkeit -
das gelingt mit der AFM.

Anette Sichelschmidt, Köln
Barockgeigerin & zertifizierte Lehrkraft für therapeutischen Musikunterricht nach der AFM

Was ist die Anke Feierabend-Methode (AFM)?

Bereits 2009 begann ich, demenziell erkrankte Musikschüler*innen auf Instrumenten zu unterrichten. Da die herkömmliche Instrumentaldidaktik dabei sofort an ihre Grenzen stieß und ich auf kein vorhandenes Wissen zu solchem Unterricht zurückgreifen konnte – bis zu diesem Zeitpunkt war nichts zu dem Thema öffentlich verfügbar – , suchte ich eigenständig nach Wegen, die eine erfolgreiche Unterrichtsarbeit ermöglichten.

Daraus entstand eine nach mir benannte musikalische Unterrichtsmethode, die Anke Feierabend-Methode, kurz AFM. Sie ermöglicht Menschen mit neurologischen Einschränkungen, z. B. Demenz, aktiv zu musizieren und dabei sogar Lernerfolge zu erzielen. Neben Instrumentalunterricht ist auch Unterricht mit Singen möglich.

Da die Methode neben Fortschritten im musischen Bereich auch therapeutische Effekte herbeiführt, wird sie auch als therapeutische Unterrichtsmethode oder „Therapeutischer Musikunterricht nach der AFM“ bezeichnet. Auch der Begriff „Validierender* Musikunterricht nach der AFM“ ist gebräuchlich.

Die fünf Säulen der AFM

  1. Die validierende* Herangehensweise –
    ein höchst einfühlsamer, empathischer Umgang mit desorientierten Menschen, der auch nonverbale Kommunikation ermöglicht
  2. Die musikbiographische Orientierung –
    Die persönliche Musikbiographie der Schüler*innen bildet das musikalische Fundament sowie die Brücke zu den Erinnerungen. Über sie werden die darin schlummernden Ressourcen und Potenziale aktiviert.
  3. Das Unterrichtsmodell –
    Instrumentalspiel / Musizieren ohne Noten, kontinuierliches Erarbeiten und Festigen von Liedern und Musikstücken, unerwartete Lernprozesse
  4. Fokus auf dem Vorhandenen –
    keine Kritik und nur minimale Korrektur; Ziel einer jeden Stunde ist, dass die Schüler*innen das beglückende Gefühl eines Erfolgserlebnisses, von Selbstwirksamkeit und Kompetenz erleben.
  5. Das TonFolgen-Konzept
    Die Schüler*innen folgen zunächst den Tönen des Instruments der Lehrkraft, während später die Lehrkraft den Tönen der Schüler*innen folgt. Das gegenseitige TonFolgen kann binnen Sekunden wechseln.

Die AFM ist somit eine Methode, die Instrumental- und Gesangsunterricht für Menschen mit Demenz ermöglicht. Darüber hinaus erzielt sie auch Erfolge bei Schlaganfallpatient*innen, Aphasie, Depressionen, Epilepsie sowie unfallbedingten Lähmungen.

Ein erfolgreicher Unterricht ist bis zu einem gewissen Grad auch als Neuanfänger ohne instrumentale oder anderweitige musikalische Vorkenntnisse möglich, jedoch nicht mit jedem Instrument.

* Validation (nach Naomi Feil) bezeichnet eine Kommunikationsmethode für den Umgang mit desorientierten Menschen. Der/Die Begleitende greift die veränderte Wahrnehmung des/der Kranken auf und reagiert einfühlend darauf, sodass sich der/die Kranke ernstgenommen, akzeptiert, respektiert und wertgeschätzt fühlt. Validation lässt bedürftige, auch altersverwirrte, demenzkranke Menschen in ihrer Persönlichkeit gelten, ohne zu werten und zu analysieren.

Ich wusste nicht, dass es unmöglich ist,
also habe ich es gemacht.

Jean Cocteau (1889-1963)
französischer Schriftsteller, Regisseur und Maler

Marita*, meine 1. Schülerin,
unterrichtete ich fast 7 Jahre.
Mit ihr entwickelte ich die AFM.

* Name geändert

Entwicklung - Erfolge - Perspektiven 

Wie alles begann – scheinbar Unmögliches ermöglichen

Als ich 2009 mit dieser ungewöhnlichen Unterrichtsarbeit begann, galt es von Seiten der Wissenschaft her als unmöglich, dass ein solcher Musikunterricht mit kognitiv eingeschränkten Menschen überhaupt funktionieren würde. Ich wusste glücklicherweise nichts davon.

Ein Herr fragte mich, ob ich seine an Alzheimer erkrankte Frau auf der Geige unterrichten würde. Als Kind hatte sie einige Jahre Geigenunterricht gehabt. Ich sagte zu, ohne eine wirkliche Vorstellung davon zu haben, was eine solche Erkrankung für Auswirkungen auf den Unterricht haben würde.

Natürlich bemerkte ich während meiner allerersten Geigenstunde mit meiner ersten Schülerin Marita* schon nach wenigen Minuten, dass ich mit meiner bisherigen Instrumentaldidaktik hier nichts ausrichten konnte. Marita war 54 Jahre alt und befand sich bereits im mittleren Alzheimerstadium. Ein adäquater verbaler Austausch war nicht mehr möglich. Ich stand vor der Wahl: Entweder sagte ich ihrem Ehemann, dass ein Unterricht ausgeschlossen sei, oder ich fand einen Weg, der ihn ebnete. Ich entschied mich für den zweiten Weg und machte mich bereits in jener denkwürdigen ersten Stunde daran, ihn zu finden.

* Name wurde geändert

Was bietet die AFM? Was zeichnet sie aus?

Der Unterricht nach der Anke Feierabend-Methode (AFM) ...

  • ermöglicht Menschen mit neurologischen Einschränkungen individuelles, einfühlsam begleitetes, aktives Musizieren

  • fördert die Inklusion von Menschen mit Demenz

  • ermöglicht ihnen eine besondere soziale und kulturelle Teilhabe, die auf die individuellen Bedürfnisse der Schüler*innen abgestimmt ist

  • legt den Fokus auf ihre jeweiligen Ressourcen und Potenziale und nicht auf den defizitären Aspekt der Krankheit

  • weckt und reaktiviert ihre versunkenen oder verschütteten musikalischen Erinnerungen

  • orientiert sich an ihrer persönlichen Musikbiographie

  • lässt die Schüler*innen wieder spüren, wer sie sind

  • gibt ihnen die Möglichkeit, sich nonverbal auszudrücken und kreativ zu sein

  • bietet einen geschützten Raum, in dem sie sich sicher und geborgen fühlen und spüren, dass sie nichts falsch machen können

  • bringt sie mit ihren Gefühlen in Kontakt und erlaubt es ihnen, diese auszudrücken

  • aktiviert bereits verloren geglaubte Kompetenzen

  • animiert die Schüler*innen auf spielerische Weise, sich zu bewegen

  • lässt sie Augenblicke glücklicher Selbstwahrnehmung erleben

  • löst – unabhängig vom Alter – unerwartete Lernprozesse aus

  • schenkt den Schüler*innen wertvolle Erfolgserlebnisse – eine Rarität in ihrem von Einschränkungen geprägten Dasein

  • ermöglicht es ihnen, die gemeinsame Zeit aktiv mitzugestalten

  • ermöglicht es Schüler*in und Lehrkraft, sich auf Augenhöhe zu begegnen

  • ermöglicht sogar mehrstimmiges Musizieren (weit über eine Improvisation hinaus!)

  • schenkt den Schüler*innen das beglückende Gefühl, etwas zu können, ja etwas zu leisten

  • löst Stolz, Freude, Glücksgefühle aus

  • lässt die Schüler*innen ihre Menschenwürde wieder spüren

  • versetzt sie in die glückliche Lage, andere Menschen zu erfreuen

  • erlaubt den Angehörigen eine neue Sichtweise auf ihren sonst so hilfsbedürftigen Schützling

  • erleichtert es den Angehörigen / Betreuenden, achtungs- und respektvoll mit ihm umzugehen

  • bietet den Schüler*innen eine inspirierende Umgebung, in der sie sich trotz aller Einschränkungen entfalten und entwickeln können

  • schafft inmitten einer Abwärtsspirale neue Perspektiven

  • ist bis ins fortgeschrittene Demenzstadium möglich

Physiologische und psychische Auswirkungen der AFM auf die Schüler*innen

Zu den schon genannten fördernden Eigenschaften kommen noch viele weitere hinzu.

Die AFM ...

  • löst elementare Ängste

  • baut Depressionen und Aggressionen ab

  • fördert die (Fein-)Motorik

  • stimuliert die kognitiven wie auch sensomotorischen Areale im Gehirn

  • fördert die Vernetzung der beiden Hirnhälften und zahlreicher Hirnareale

  • fördert die Durchblutung

  • fördert die sprachlichen Fähigkeiten der Schüler*innen (Musizieren ist eine Form von Sprache!)

  • fördert die Körperbeherrschung und Mobilität, d. h., sie sind auch wieder sicherer auf den Beinen

  • beruhigt das Herz, führt zu Entspannung und nachhaltiger Ausgeglichenheit

  • fördert das emotionale und körperliche Gleichgewicht

  • führt zur psychischen und physischen Stabilisierung trotz gleichzeitigem Fortschreiten der Krankheit

  • steigert das Selbstwertgefühl

  • wirkt sich positiv auf nahezu alle Lebensbereiche aus – und damit auch auf das gesamte (Pflege-)Umfeld

Merke:

Der Unterricht nach der AFM versetzt die Kranken in die Lage, Dinge zu tun, die ihnen niemand mehr zutrauen würde und steigert signifikant ihre Lebensqualität. Auch für die Familien und Betreuenden bedeutet dies eine deutliche Erleichterung im täglichen Leben und Pflegealltag.

Zudem können die demenziell beinträchtigten Schüler*innen länger im häuslichen Bereich betreut werden - ein nicht zu unterschätzender Aspekt auch bei der Kosten-Nutzen-Analyse! Denn der Anteil der Heimkosten, den die Angehörigen heutzutage tragen müssen, ist sehr hoch.

Wie reagierte die Fachwelt auf meine „Entdeckung“?

Zunächst wurde ich belächelt, wenn ich in Fachkreisen von meinem Unterricht und den Erlebnissen daraus erzählte. Da das, was darin passierte, ja nicht für möglich gehalten wurde, klang es zu fantastisch und somit unglaubwürdig. Insbesondere hielt man es bis dahin für ausgeschlossen, dass Menschen mit Demenz lernfähig sind.

Ich begriff, dass ich Belege liefern musste, um ernst genommen zu werden, und investierte in ein gutes Aufnahmegerät. Über die damit entstandenen Aufnahmen konnte ich bald konkreten akustischen Einblick in den Unterricht gewähren. Dies ließ dann auch die Fachwelt endlich aufhorchen. 

Später kamen auch etliche Videoaufzeichnungen hinzu, und nach inzwischen 16 Jahren Unterrichtserfahrung ist seine Wirksamkeit mehr als belegt.

Heute werde ich als Expertin regelmäßig gebucht für

  • Vorträge, Seminare und Workshops auf Fachtagen, Kongressen und Messen im In- und Ausland
  • Vorträge, Präsentationen, Workshops & Fortbildungen an (Musik)Hochschulen im In- und Ausland
  • Fortbildungen an Instituten der Erwachsenenbildung
  • Inhouseschulungen an Musikschulen und in Pflegeeinrichtungen

Auch Rundfunk und Fernsehen sind auf meine ungewöhnliche Arbeit aufmerksam geworden und berichten darüber.

Wurde/wird die Entwicklung meiner Schüler*innen dokumentiert?

Maritas Entwicklung im Unterricht war äußerst bemerkenswert. Dank der Audioaufnahmen, die ich bald mit dem Einverständnis der Familie von jeder Unterrichtsstunde anfertigte, konnte ich die Fortschritte dokumentieren und auswerten. Ich schrieb Unterrichtsprotokolle, anhand derer ich Maritas Entwicklungsprozess ebenfalls nachvollziehen konnte. Eine solch lückenlose Dokumentation über so viele Jahre ist vermutlich einzigartig.

Bis heute zeichne ich nach Möglichkeit jede Unterrichtsstunde mit dem Audio-Aufnahmegerät auf, sofern die Familien einverstanden sind. Auch Videoaufnahmen sind im Laufe der Zeit im Unterricht mit einigen Schüler*innen entstanden, allerdings ist die Hemmschwelle der Angehörigen, dies zu erlauben, recht hoch. Darum bin ich all jenen, die dies erlaubt haben/erlauben, sehr dankbar, denn nur so ist es mir möglich, in Vorträgen und Seminaren auch visuell zu zeigen, was dieser Unterricht bewirkt und an Potenzial birgt.

Mein Archiv umfasst inzwischen Hunderte von Unterrichtsaufzeichnungen und -dokumenten und ist damit ein großer Fundus von Fallstudien zu diesem Thema.

Darüber hinaus wurde ich ein Jahr lang im Rahmen eines EU-Projektes in Kooperation mit der Universität Vechta mit der Kamera im Geigenunterricht mit einer älteren Dame, die an Alzheimer litt, begleitet. Daraus entstand eine umfangreiche Dokumentation von rund 80 (Lehr)Filmen, die öffentlich zugänglich sind.

Mehr dazu unter  www.musikunddemenz.de 

Wie ging es mit meiner ersten Schülerin Marita weiter?

Während die Alzheimer-Erkrankung langsam weiter voranschritt und es somit kognitiv wie auch körperlich stetig bergab ging, zeigte Marita im Unterricht eine gegenläufige Entwicklung. Auch nachdem Marita die Pflegestufe 3 (heute Pflegegrad 5) erhalten hatte, führten wir den Unterricht noch weitere drei Jahre fort. Bis zuletzt konnten wir unser Repertoire erweitern. Es wuchs stetig und umfasste am Ende rund 120 Lieder und Stücke.

Marita beherrschte die Melodiestimmen auf ihrer Geige und singend so sicher (eine Fähigkeit, die sie bis zuletzt beherrschte), dass ich bald eine zweite Stimme dazu spielen konnte. Es gab im Laufe der Zeit noch viele weitere erstaunliche, positive Entwicklungen bei ihr, doch das Allerwichtigste war, dass für sie der Unterricht schon nach kurzer Zeit den Höhepunkt der Woche bildete. Es ging ihr gleich besser, wenn ihr jemand aus der Familie ankündigte, dass bald wieder Unterricht sei. Ihre Stimmung hellte sich auf, ihre Vorfreude war unverkennbar.

Im Unterricht blühte sie jedes Mal sichtbar auf, war anschließend ausgeglichen, entspannt und glücklich -  manches Mal sogar stolz. Denn sie vollbrachte während unserer gemeinsamen Unterrichtszeit etwas, was die häufig Anwesenden nicht konnten: Sie spielte wunderschön Geige! Sie war nicht mehr die Hilfsbedürftige, sondern beschenkte die Zuhörenden mit wirklich schön klingender Musik!

Lob und Applaus waren ihr sicher, doch auch ohne ihn strahlte Marita am Ende einer jeden Stunde übers ganze Gesicht.

Dieses Strahlen auf den Gesichtern meiner Schülerinnen und Schüler, diese in ihrem Dasein sonst so rar gewordene Lebensfreude, dieses Glücksgefühl, etwas zu können und sogar andere damit zu erfreuen – all das nährt bis heute meine große Motivation, das Wissen um das erstaunliche Potenzial in diesen unterschätzten Menschen in die Welt zu tragen.

Ist die AFM eine Art Musiktherapie?

Nein. Zwischen der aktiven Musiktherapie und dem Unterricht nach der AFM gibt es deutliche Unterschiede:

Die Anke Feierabend-Methode ist im Bereich der Musikgeragogik angesiedelt. Dies ist eine Fachdisziplin im Schnittfeld von Musikpädagogik und Geragogik, die sich mit musikalischer Bildung im Alter befasst. Während in der Musiktherapie der Fokus auf dem therapeutischen Wert der Intervention liegt, liegt der Schwerpunkt der Musikgeragogik in der Vermittlung und Förderung musikalischer Fähigkeiten.

Die didaktisch-methodischen Anforderungen sind in der musikalischen Unterrichtsarbeit mit alten, und erst recht mit demenziell veränderten Menschen anders gelagert als in der musikalischen Arbeit mit jungen Menschen (Musikpädagogik) und somit durchaus eine Herausforderung, da nicht auf gesunde kognitive Fähigkeiten der Schüler*innen gebaut werden kann. Dem trägt die Anke Feierabend-Methode als validierende, biographisch orientierte musikalische Unterrichtsmethode in besonderer Weise Rechnung.

Für jede/n Schüler*in wird ein individuelles Unterrichtsprogramm erarbeitet, das auf der jeweiligen musikalischen Biographie gründet. Dies öffnet die Tür zu seinen versunkenen Erinnerungen und reaktiviert im gemeinsamen Musizieren verloren geglaubte Fähigkeiten.

Therapie erhält ein Mensch, weil er krank ist. Der Fokus liegt auf der Hilfe, die ihm aufgrund der Erkrankung zuteil wird, um diese zu mildern.

Unterricht erhält oder nimmt ein Mensch, dem jenseits oder trotz einer Erkrankung zugetraut wird, etwas lernen zu können. Für meine demenziell veränderten Schüler*innen ist es essentiell, dass es sich um Unterricht handelt und damit um eine Begegnung, in der es nicht vordergründig um die Krankheit geht. Darum sind es für mich Schüler*innen und keine Patient*innen.

Gleichwohl zeigt der Unterricht nach der AFM auch therapeutische Effekte, wie die vielen positiven körperlichen und seelischen Auswirkungen belegen. Doch das steht nicht im Mittelpunkt, sondern geschieht beiläufig während des beglückenden gemeinsamen Musizierens.

Im Unterricht nach der AFM sind die musikalischen Ergebnisse reproduzierbar und bieten damit gerade Menschen mit Demenz einen verlässlichen Rahmen, in dem sie sich sicher fühlen. Sie können sich erinnern und erhalten durch die regelmäßigen Wiederholungen die Chance, dazuzulernen.

Dagegen wird in der aktiven Musiktherapie in der Regel mit musikalischer Improvisation gearbeitet. Darum sind die Ergebnisse meist nicht reproduzierbar, sodass es sich um ein so nicht noch einmal wiederholbares musikalisches Erlebnis handelt. Die Musiktherapie hat somit einen anderen, nicht minder wertvollen Ansatz und ihren berechtigten Platz, u. a. auch in der Begleitung demenziell erkrankter Menschen.

ARTIE-Innovationspreis für die AFM

2014 wurde ich für die Entwicklung der AFM mit dem ARTIE-Innovationspreis für besonderes soziales und gesellschaftliches Engagement ausgezeichnet. In der Laudatio hieß es:

„Der Musikunterricht nach der AFM führt zu einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität der Demenzkranken sowie aller in die Pflege Eingebundenen. Mit seinem hohen Maß an sozialer und kultureller Teilhabe stellt er eine besonders vielversprechende Maßnahme zur Unterstützung von Demenzkranken und ihrer Inklusion in die Gesellschaft dar.“ Siegfried Ziegert

Die ARTIE ist ein regionales Netzwerk für Technologie, Innovation und Entwicklung, ein Bündnis für innovationsorientierte Wirtschaftsförderung in Nord-Ost-Niedersachsen.

Perspektiven

Nachdem ich dieses enorme Potenzial in Menschen, denen in der Regel kaum noch etwas zugetraut wird, entdeckt habe, sehe ich es als meine Aufgabe, das Wissen darüber in die Welt zu tragen. Wie schön wäre es, wenn es allerorten in der AFM ausgebildete Lehrkräfte gäbe und ich Anfragen aus anderen Städten sofort an kompetente Ansprechpartner*innen vor Ort weiterleiten könnte! 

Ein Anfang ist gemacht, doch es ist noch viel Luft nach oben!

Darum liegt mir die Weiterbildung in der AFM so am Herzen. Gerade auch Musikschulen sind gefragt, inklusive Angebote zu implementieren, um in einer alternden Gesellschaft auch Menschen mit Einschränkungen ein musikalisches Zuhause zu geben. 

Musiklehrkräfte, die gemeinhin nicht zu den einkommensstarken Berufsgruppen gehören, wären dankbar für einen Zuschuss zu den Weiterbildungskosten - insbesondere, wenn sie freiberuflich unterwegs sind und kein Arbeitgeber dafür aufkommt. 

Auch würde ich gerne dazu beitragen, dass Angehörigen bei der Finanzierung des Unterrichts „unter die Arme gegriffen“ wird.

Darum denke ich an einen Fond oder eine Stiftung, um hier Abhilfe zu schaffen. 
Ich freue mich, wenn sich geeignete Ansprechpartner*innen bei mir melden! 

Gemeinsam können wir viel bewegen!

Ich danke Ihnen!


Sie möchten diesen Prozess unterstützen oder gar Teil davon sein? 
Melden Sie sich gerne bei mir. Ich freue mich auf Sie!


Allgemeine Fragen zum Unterricht in der AFM

Bei welchen Demenzformen hat sich der therapeutische Musikunterricht nach der AFM bewährt?

Meiner Erfahrung nach ist der Unterricht nicht nur bei der Alzheimer-Demenz erfolgreich, sondern auch bei anderen Demenzformen. Eindeutig bestätigt fand ich es bislang bei folgenden Demenzerkrankungen:

Alzheimer-Demenz (Morbus* Alzheimer)
Lewy-Body-Demenz
Vaskuläre Demenz
Parkinson Demenz (meist Morbus Alzheimer mit Morbus Parkinson )

* „Morbus“ ist das lateinische Wort für „Krankheit“

Bei all diesen Demenzformen, die rund 90 % der primären* Demenzerkrankungen abdecken, sprechen die Erkrankten hervorragend auf den therapeutischem Musikunterricht nach der AFM an. Dies lässt vermuten, dass auch Menschen mit hier nicht genannten Demenzformen davon profitieren würden.

* Primäre Demenzen haben hirnorganische Veränderungen zur Folge und gelten als unheilbar.
Sekundäre Demenzen werden durch äußere Faktoren wie Mangelerscheinungen oder Vergiftungen (auch durch Medikamente) hervorgerufen und sind daher oft behandelbar.

Kann der Unterricht nach der AFM eine Demenzerkrankung aufhalten?

Nein. Doch erfahrungsgemäß wird der Prozess des Abbaus durch den Unterricht verlangsamt. Behandelnde Ärzte meiner Schüler*innen ließen mir mehrfach mitteilen, wir sollten den Unterricht unbedingt fortführen, da er merklich positive Auswirkungen nicht nur auf das Wohlbefinden, sondern auch auf den Verlauf der demenziellen Erkrankung habe. Im Vergleich zu anderen Patienten, die nicht in den Genuss des Unterrichts kommen und deutlich schneller abbauen, liegt die Vermutung nahe, dass ein Zusammenhang zwischen dem Krankheitsverlauf und dem therapeutischen Musikunterricht nach der AFM besteht.

Diese Aussage lässt sich natürlich nicht belegen, da wir keine Vergleiche zwischen meinen Schüler*innen mit und ohne Unterricht ziehen können. Hier lassen sich lediglich Erfahrungswerte heranziehen.

Mit welchen Instrumenten ist der Unterricht nach der AFM möglich?

Tasteninstrumente

sind besonders erfolgversprechend, da der Ton durch einfaches Drücken einer Taste erklingt. Sie sind auch für Neuanfänger bis zu einem gewissen Grad erlernbar.

Mögliche Tasteninstrumente:

  • Klavier
  • Keyboard
  • Cembalo/Spinett
  • Orgel 
  • Harmonium
  • Akkordeon
  • Celesta

Für Neuanfänger jedoch ungeeignet sind in der Regel Streich- und Blasinstrumente, bei denen die Töne auf deutlich kompliziertere Weise erzeugt werden.

Streichinstrumente

sind schon für gesunde Menschen durch die sehr komplexen und zudem unterschiedlichen Bewegungsabläufe der beiden Hände schwer erlernbar und wären darum für einen Menschen mit kognitiven Einschränkungen eine Überforderung.

Sind jedoch Vorkenntnisse aus der Kindheit vorhanden – und seien es zwei Jahre elementarer Geigenunterricht gewesen -, kann auch nach Jahrzehnten sehr gut daran angeknüpft werden.

Mögliche Streichinstrumente:

  • Violine (= Geige) *
  • Viola (= Bratsche) *
  • Violoncello (= Cello) *
  • Kontrabass *
  • Gambe *

* mit Vorkenntnissen

Blasinstrumente

Für das Spiel von Blasinstrumenten wird eine gute, kräftige Atemmuskulatur benötigt, die oft bei älteren Menschen mit demenziellen Einschränkungen nicht mehr ausreichend vorhanden ist.

Erfahrungsgemäß ist Blockflöte eines der noch am ehesten spielbaren Instrumente, insbesondere, wenn Vorkenntnisse (z. B. aus der Grundschulzeit) vorhanden sind.

Ganz ohne Vorkenntnisse ist die Mundharmonika ein dankbares Blasinstrument, das ebenfalls mit weniger Atemluft auskommt und zudem intuitiv spielbar ist.

Mögliche Blasinstrumente:

  • Blockflöte
  • Mundharmonika
  • Querflöte *
  • Klarinette *
  • Fagott *
  • Saxophon *
  • Horn *
  • Trompete *

* mit Vorkenntnissen und bei entsprechender Fitness der Atemwege

Zupfinstrumente

wie Gitarre, Laute und Zither sind aufgrund der technisch wieder anspruchsvolleren Spielweise für demenziell beeinträchtigte Anfänger nicht geeignet.

Dagegen ist die Veeh-Harfe ein dankbares Zupfinstrument, das ursprünglich für Menschen mit Down-Syndrom entwickelt wurde und sich inzwischen auch im (Alten)Pflegebereich etabliert hat. Auch die Zauberharfe, die genauso gespielt wird, jedoch bautechnisch einfacher gehalten ist, kann ich empfehlen. Beide Instrumente sind – auch für musikalische Laien mit kognitiven Einschränkungen – leicht erlernbar.

Ebenfalls niedrigschwellig einsetzbar ist die Sansula der Firma Hokema, eine Weiterentwicklung der afrikanischen Kalimba. Durch den auch optisch attraktiven Klangkörper erzeugt die Sansula einen warmen, voluminösen Klang. Die Metallzungen des Instruments, die tonlich aufeinander abgestimmt sind, werden mit den Fingern in Schwingung versetzt.

Mögliche Zupfinstrumente*:

  • Gitarre*
  • Ukulele*
  • Laute*
  • Mandoline*
  • Banjo*
  • Balalaika*
  • Zither*

* bei entsprechender Vorerfahrung

Gesang

Auch mit Gesang, das hier als Instrument zählt, lässt sich ohne Vorkenntnisse eine Menge erreichen. Darum kann der Unterricht auch ausschießlich mit der Stimme erfolgen.

Warum kann nicht jede Musiklehrkraft solchen Unterricht durchführen?

Instrumental- und Gesangslehrkräfte werden an Musikhochschulen zu Instrumental- und Gesangspädagogen ausgebildet. Schwerpunkt ist die musikalische Bildung in der Jugend. Das Studium sieht somit bislang nicht vor, dass die Lehrkräfte später mit älteren, geschweige denn mit (kognitiv) eingeschränkten Menschen zu tun haben werden. Die Student*innen werden vor allem auf die Zielgruppen Kinder und Jugendliche, bestenfalls auch gesunde Erwachsene vorbereitet. 

Entsprechend fehlen sämtliche Kompetenzen für einen adäquaten Umgang mit neurologisch beeinträchtigten Menschen. Zudem bedarf es einer völlig anderen Herangehensweise im Unterricht, denn das übliche Ziel „Erfolg durch Leistung“ wird durch das Unterrichtsziel „Erfolg durch Glücksgefühle“ ersetzt.

Um also therapeutischen Musikunterricht durchführen zu können, benötigt die Lehrkraft besondere Kompetenzen, die ihr den Zugang und zielführenden Umgang mit den von unterschiedlichen Einschränkungen betroffenen Schüler*innen ermöglichen. 

Darum habe ich eine Weiterbildung konzipiert, die diese Wissenslücken schließt. Sie knüpft an die vorhandenen musischen und pädagogischen Fähigkeiten ausgebildeter Musiklehrkräfte und Musiker*innen an und ergänzt sie mit den notwendigen theoretischen Kenntnissen wie auch praktischen Fertigkeiten für die musikalische Arbeit mit Demenzbetroffenen.

Die Absolvent*innen erhalten über einen Zeitraum von 15 Monaten eine fundierte, zertifizierte Ausbildung, die sie dazu befähigt, eigenständig demenziell veränderte Schüler*innen bis zum fortgeschrittenen Demenzstadium zu unterrichten – sowohl an Musikschulen als auch privat. 

Neben Musiklehrkräften und Musiker*innen sind auch Musikstudent*innen, Musikgeragog*innen, Musiktherapeut*innen sowie musikbegeisterte, empathische Menschen in der Weiterbildung willkommen. Sie sollten solide musikalische Praxiserfahrung mitbringen.

Das sagen bereits zertifizierte Absolvent*innen der Weiterbildung:
https://www.weiterbildung-afm.de/Teilnehmerstimmen/

Wie finde ich eine geeignete Lehrkraft für meine/n Angehörige/n?

Seit 2022 bilde ich Musiklehrkräfte in einer 15-monatigen Weiterbildung in der AFM aus.

Von mir zertifizierte Lehrkräfte gibt es bislang in Cloppenburg, Köln, Lüneburg sowie im Walsroder Raum. Hamburg wird demnächst folgen.

An der Cloppenburger Musikschule unterrichtet eine Lehrkraft nach der AFM, ebenso an der Musikschule Winterthur in der Schweiz.

Ich selbst unterrichte im Umkreis von Schneverdingen in der Lüneburger Heide. 

Auf der Website
https://instrumental.musik-und-demenz.de/netzwerk/ finden Sie ein Verzeichnis mit zertifizierten Lehrkräften, regionalen Ansprechpartner*innen sowie Musikschulen, die solchen Unterricht entweder bereits anbieten oder dies planen. 

Wo findet der Unterricht statt?

Das hängt von der persönlichen Situation einschließlich des Pflegeumfeldes der Schülerin/des Schülers ab.

Es gibt folgende Möglichkeiten:

a) im häuslichen Umfeld der Schülerin/des Schülers
Dies kann – gerade zu Beginn – ein geeigneter Ort sein.
Hier hat sich allerdings gezeigt, dass die Schüler*innen dort – je nach Demenzgrad – beeinträchtigt sein können von dem sonst zu Hause vorherrschenden Gefühl, häufig zu versagen. Im vertrauten Umfeld sind ihnen ihre zunehmenden Defizite deutlich präsenter als anderswo. Entsprechend ist das seelische Befinden davon belastet. In solch einem Fall empfiehlt sich ein neutraler Ort, z. B. Unterricht bei der Lehrkraft. Tatsächlich gibt es Schüler*innen, die diesen Wunsch nach einigen Stunden ganz von sich aus äußern.

b) bei der Lehrkraft, sofern sie Unterricht bei sich zu Hause anbietet
Ich biete Unterricht bei mir zu Hause an.

c) in einer Pflege-/Senioreneinrichtung
Lebt eine Schülerin/ein Schüler in einem Heim im Umkreis des Wohnortes der Lehrkraft, fährt sie zum Unterricht dorthin.

d) in einer Musikschule, die ein entsprechendes Angebot vorhält
Fragen Sie bei Ihrer örtlichen Musikschule an, ob sie solch speziellen Unterricht anbietet. Sollte dies nicht der Fall sein, regen Sie an, dort ein entsprechendes Angebot mit aufzunehmen. Nennen Sie gerne die Quelle, wo die Musikschule eine oder sogar mehrere Lehrkräfte für den therapeutischen Musikunterricht ausbilden lassen kann.

Unterrichtsgebühren - zahlt die Krankenkasse?

Leider nein. Doch es gibt legitime Möglichkeiten, Teile der Pflegeleistungen zur Finanzierung des Unterrichts mit zu verwenden. Wir – die zertifizierten Lehrkräfte nach der AFM – beraten Sie gerne dazu.

Die Höhe der Unterrichtsgebühren hängt von unterschiedlichen Faktoren ab:

  1. vom Standort, wo der Unterricht stattfindet – bei der Lehrkraft, im häuslichen Umfeld, im Pflegeheim oder in einer Musikschule
  2. von der Entfernung, die die Lehrkraft zum Unterrichtsort zurücklegen muss sowie dem dafür nötigen zusätzlichen Zeitaufwand
  3. vom individuellen Honorar der Lehrkraft, das alleine schon regional unterschiedlich sein kann

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